Triggerwarnung: Hier geht es um Erfahrungen und Informationen über das Krankheitsbild der Depressionen. Wenn es dir damit nicht gut geht, lese dir diesen Beitrag bitte nicht alleine durch.
"Lach doch mal."
"Das ist doch nicht so schlimm."
"Jetzt freu dich doch mal."
"Rede doch mal."
"Jetzt mache doch einfach."
"Stell dich nicht so an."
Alles nicht so leicht wie es sich anhört.
Mit meiner Bulimie Diagnose damals wurden bei mir auch eine Depression diagnostiziert. Um ehrlich zu sein, ich kann mich an keine Zeit erinnern wo ich nicht depressiv war. Ich wusste nur nicht, dass das Verhalten nicht normal ist. Ich habe noch einige Erinnerungen von meiner frühen Teenie Zeit, wo ich mich immer abgestumpft und leer fühlte, stundenlang einfach nur die Decke anstarrte und traurige Musik hörte. Die Aufforderung "Lach doch mal!" musste ich mir ständig anhören, aber habe das damals gar nicht verstanden und habe auch nicht gewusst, wie das gehen soll. Irgendwann änderte ich mich dann stetig in diese stets fröhliche und lachende Person, die anscheinend alle haben wollten. Es änderte nur wenig an meiner grundlegenden Stimmung, aber so konnte ich besser damit umgehen und war in der Lage auch mal Spaß zu haben.Ich konnte mit der Zeit das depressive immer öfter und besser mal wegschieben, verschieben und auch mich wirklich mal freuen und lachen.Das war eine angenehme Abwechslung, ich zehrte sehr von diesen augenscheinlich guten Momenten. Die Diagnose Depression war mir immer relativ "egal". Ich hatte andere Probleme als diese, und da ich es auch einfach nicht anders kannte, war die Depression anfangs auch kein Problem für mich, sondern eher normaler Alltag. Auch heute sind die Depressionen nicht mein "Hauptproblem", vor allem auch, weil ich sie mit Anti-Depressiva ganz gut im Griff habe und ich, nach langer Zeit, den Unterschied zwischen depressiv und nur ein bisschen depressiv kennengelernt habe. Ich habe mein echtes Lachen wieder gefunden sozusagen und kann stärker depressive Phasen ganz gut erkennen und auch mehr entgegen wirken.
Nichtsdestotrotz werfen sie mich immer wieder mal ganz schön aus der Bahn und hüllen mich ein. Dann ist alles noch viel schwerer als sowieso, dann wird aufstehen und dem Alltag nachgehen fast unmöglich, dann sehe ich kein Licht mehr, keinen Weg sondern einfach nur ganz dunkle Leere. Ich fühle noch weniger als sowieso, und egal was passiert, die Leere bleibt gleich und fühle mich eher wie eine leere Hülle. Sprechen oder den Kopf anheben wird zu einem kraftraubenden Akt und einfache Dinge,wie mein Alter, fallen mir plötzlich nicht mehr ein.
Depressionen sind schwierig zu beschreiben. Es gibt ein Video auf Youtube "Ich hatte einen schwarzen Hund." ,welcher mir damals von meiner Ärztin gezeigt wurde und welchen ich nach wie vor sehr gut finde um eine Idee davon zu haben, wie sich eine Depression anfühlen kann.
Bei mir ist es immer als ob eine schwarze Regenwolke über mir schwebt und es ständig auf mich hinab regnet, während drum herum das bunte Leben weitergeht. Depression fesselt einen, hüllt einen ein und flüstert dir Sachen ins Ohr. Keine schönen natürlich, sondern fiese kleine Kommentare. Sie ist ein ständiger Begleiter oder taucht immer wieder mal auf. Wird leiser und lauter und kann irgendwann auch wieder verschwinden oder zumindest schlafen. Es ist kalt im Kopf, leer, als ob einem jemand die Fähigkeit genommen hat zu denken, zu fühlen, aktiv zu sein. Es ist nur noch Nebel im Kopf und auch wenn man raus will, wenn man sich unterhalten möchte, es geht nicht. Es ist als ob man die Fähigkeiten dazu plötzlich verloren hat, einfach außer Betrieb genommen. Du hast das Gefühl nicht mehr in diese Welt zu gehören, du stehst neben an, unter der kleinen Regenwolke und beobachtest die anderen wie sie in der Sonne tanzen und du würdest so gerne mittanzen. Es ist Nebel im Kopf, keine Ahnung zu haben,ob es sich lohnt das zu machen was man geplant hatte, keine Ahnung ob sich überhaupt irgendetwas lohnt. Schlafen wird zum einzigen Wunsch,aber gleichzeitig auch zur absoluten Unmöglichkeit, weil man einfach nicht einschlafen kann. Es ist bleierne Müdigkeit, als ob man ständig irgendetwas schweres mit sich schleifen würde. Es ist die fehlende Kraft auf Nachrichten zu antworten, weil man gar nicht weiß was man antworten soll. Es ist das stumme da liegen, es ist der Wunsch sich in eine andere Realität zu flüchten.
Bei viele Betroffenen kommen außerdem Aspekte hinzu wie fehlende Kraft sich zu waschen und pflegen, umzuziehen, den Haushalt zu erledigen oder etwas zu essen. Viele verlieren die Lust an sexuellen Dingen oder sind sehr schnell reizbar und ängstlich. Die Symptome und Ausprägung einer Depression sind weitreichend und sind individuell, aber haben meist gemein, dass man sich niedergeschlagenen und kraftlos fühlt.
Depressionen gibt es weiterhin in verschiedenen Darstellungsformen. Es gibt leichte, mittelschwere, schwere Depressionen. Es gibt chronische Depressionen oder Depressions-Episoden , Schwangerschaftsdepressionen oder saisonal abhängige Depressionen und noch weitere.
Die Ursachen für das Eintreten einer Depression könne vielseitig sein und treten oft in Kombination auf. Dazu zählen unter anderem die genetische Veranlagung, Entwicklungs-und Persönlichkeitsfaktoren, sowie auch Stoffwechselveränderungen im Gehirn.
Depressionen sind relativ gut zu behandeln durch Anti-Depressiva und/oder Psychotherapie. Es hilft nicht bei jedem, aber bei der großen Masse und kann weiterhin durch andere Therapien, wie beispielsweise eine Lichttherapie oder pflanzliche Stimmungsaufheller, unterstützt werden.
Ich nehme jetzt seit einigen Jahren Anti-Depressiva und halte mich so ganz gut. Irgendwann kommt häufig der Punkt wo man so sagt, "Mir geht es ganz gut doch eigentlich, ich merke von den Depressionen nichts." und man die Anti-Depressiva absetzt. Das verzwickte an der Situation ist, dass man nicht weiß, ob es einem besser geht und man die Medikamente nicht mehr braucht oder ob es einen wegen der Medikamente gerade so gut geht. Das kommt ein bisschen auf einen Versuch drauf an und sollte immer unter ärztlicher Anleitung geschehen, da ein Absetzen oder Runterschrauben der Medikamente ziemlich gefährlich werden kann, da so eine Art Entzugssymptomatik entstehen kann oder wie bei mir einmal, auch plötzlich heftige Suizidgedanken im Kopf rumschwirren.
Depressionen sind vergleichsweise eine der bekannteren und irgendwie auch mehr akzeptierten psychischen Krankheiten in unsere Gesellschaft. Durch öffentlich gemachte Depressionserkrankungen, wie beispielsweise Chester Bennington oder Robert Enke, rückte diese Krankheit etwas mehr in das Gedächtnis der Menschen und Sätze wie "Geh einfach mehr arbeiten,das hilft." gehören hoffentlich bald der Vergangenheit an.
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