Warum einen Blog? Warum jetzt? Warum machst du das?
Eine Frage die ich mir selber auch gestellt habe.
Die Idee war schon lange in meinem Kopf und jetzt, wo ich lerne immer mehr auf mein Bauchgefühl zu vertrauen, fühlt es sich endlich stimmig an.
Ein elementarer Grund ist allerdings auch: Ich will nicht länger schweigen.
Ich habe lange geschwiegen, weil ich dachte ich muss schweigen. Ich dachte, dass ich nichts sagen darf, es gehört sich nicht was zu sagen, es ist nicht angebracht, es stört andere, ich störe.
Vielleicht sehen das einige Leute so, aber ich nicht mehr. Ich muss mich nicht verstecken, nicht unsichtbar werden, mich nicht bestrafen. Wenn ich es möchte, kann ich reden und erzählen und gucken wer zuhört.
Ich bin jemand der so Sachen wie Präsentationen, Tests,Prüfungen oder auch Vorstellungsgespräche tatsächlich gerne macht. Frag´ mich bitte nicht warum, denn ich bin tendenziell eher schüchtern, aber solche Situationen haben mir auf eine gewisse Art und Weise schon immer gut gefallen. Und ich habe etwas zu präsentieren, was zu erzählen, meine Geschichte, meine Story, meine Erlebnisse und ich habe das Bedürfnis nicht mehr alles zu verstecken, sondern ein Teil davon zu zeigen.
Ich ziehe selber immer sehr viel aus den Geschichten und Gedanken anderer und bin da auch nicht alleine mit. Oft wird ein Thema nur von der einen Seite betrachtet, ohne zu gucken was es noch gibt. So entstehen häufig Stigmata oder Vorurteile. Dabei verlieren Sachen oft ihren Schrecken, wenn mehr darüber berichtet wird und gerade bei Themen wie Leben mit psychischen Erkrankungen fühlen sich Betroffene oft gestärkt und nicht mehr so alleine, wenn andere darüber sprechen. Wenn man nicht nur wissenschaftliche Fakten und Theorien hat, an den man sich informieren kann, sondern auch Erfahrungen und Erlebnisse von anderen Menschen, bewegt einen das tendenziell mehr und gibt noch einmal einen ganz anderen Einblick und einen anderen Denkanstoß.
Ich gebe zu, es ist ein bisschen befremdlich Teile seiner Gedanken, seinem Leben, für andere öffentlich zu machen, aber machen wir das nicht größtenteils alle heutzutage auf die eine oder andere Weise?
In der Öffentlichkeit sein Leben, oder Teile daraus, zu präsentieren, kann nach hinten los gehen, wie alles in unserem Leben, aber es kann auch gut verlaufen. Eine sehr wichtige Person in meinem Leben hat mir, als ich mal wieder zweifelte, gesagt: “Du kannst nicht wissen wie etwas ist, wenn du es nicht ausprobiert hast.” und damit hat sie so viel Recht, manchmal muss man ein Schritt in das Ungewisse wagen.
Ich habe schon immer gerne geschrieben und das fiel mir auch immer leichter als zu reden.
Mein Leben ist leider nicht ganz so ideal gelaufen, es ist geprägt von psychischen Erkrankungen und Problemen. Ich erkrankte schon in sehr jungen Jahren an einer schweren Bulimie,und bin unter anderem mit einer Depression und Zwangsstörung diagnostiziert.Das wird es wohl auch erstmal bleiben, was schwer für mich zu akzeptieren ist, aber der offene Umgang und das schlichte Annehmen der Situation hilft mir etwas.
Hingegen macht die herrschende Stigmatisierung um das Thema es nicht besser.
Ich habe mir schon so viele Sprüche und "kluge" Ratschläge anhören müssen, aber "einfach normal essen" oder "einfach raus gehen" hat dann doch nicht so ganz funktioniert.
Niemand hat sich psychische Erkrankung ausgesucht, sie kommen wie jede andere Krankheit auch ungefragt und man muss lernen damit klar zu kommen. Es muss sich nicht dafür entschuldigt oder versteckt werden, sondern jeder sollte damit umgehen dürfen, wie es für einen persönlich am besten ist.
Ich möchte das Beste für mich daraus machen und versuchen ein Tabu-Thema etwas zu enttabuisieren. Erkrankt zu sein schließt viele Türen, aber öffnet gleichzeitig auch ganz neue, durch die man nur gehen muss. Um das Thema psychische Erkrankungen herrschen so viele Stigmatisierungen, Vorurteile und negative Stimmung, das macht mich wütend. Durch viel einseitige und tendenziell eher negative Berichte über das Thema wird ein gewisses Bild verbreitet. Ja, einige Vorurteile sind nicht ganz unbegründet, da stecken auch Wahrheiten dahinter, aber es gibt noch so viel mehr Seiten zu betrachten und man sollte nicht nur die eine Seite als Allgemeindefinition nehmen.
Viel kann man hier (und auch für andere Themen) über das einfach Zuhören tun.
Ich spreche mir zu, dass ich ein gewisses Talent dafür zu haben gut Zuhören zu können. Zuhören heißt nicht nur seine Lauscher zu spitzen und Töne zu hören, sondern ist viel umfassender. Wir alle können zuhören und wir tun es tagtäglich, aber das kann man auf verschiedene Art und Weise. Was mich immer beschäftigt ist das, ich nenne es mal, aufmerksame Zuhören. Damit meine ich in einem Gespräch zum Beispiel nicht nur zu nicken und hier & da was zu sagen, sondern die Worte mit Körpersprache und der Situation zu verbinden und so etwas mehr heraus zu finden als nur das gesprochene Wort.
Natürlich gibt es unterschiedliche Situationen, man kann nicht immer voll und ganz auf alles eingehen und manchmal labert das Gegenüber auch einfach nur Mist, aber gerade in privaten Gesprächen mit Freunden oder dem Partner, oder auch in Verkaufsgesprächen, hilft es oft, sich voll darauf einzulassen und aufmerksam dabei zu sein. Gib deinem Gegenüber das Gefühl, dass du bei ihm bist und zwar zu 100%. Dazu gehört ein gewisses Maß an Empathie und Feingespür, aber beide Seiten haben meistens mehr davon, wenn die Zeit produktiv genutzt wird. Mit allem was wir machen vermitteln wir unserem Gegenüber etwas, mal bewusst, mal unbewusst, und das zu erkennen, zu lesen und umzusetzen, eröffnet nochmal ganz neue Welten.
Und ja, man kann auch beim Lesen zuhören. Es ist natürlich etwas anders als bei dem gesprochenen Wort, aber es geht auch beim geschriebenen Wort. Auch hier werden Nachrichten vermittelt, die sich zu diesem oder jenem Bild formen. Hier ersetzen die Stellung, Anwendung und Reihenfolge der Wörter und Buchstaben, Satzbildung und Satzzeichen die Körpersprache. Es ist nochmal ein anderes Zuhören, aber wir alle haben das schon erlebt. Als Beispiel, wenn unser Gegenüber plötzlich ohne Smiley schreibt, obwohl sonst immer alles mit Smileys versehen wird oder wenn man eine E-Mail vom Chef kriegt in dem man zu einem Gespräch gebeten wird, aber dieses Mal das kleine Wort bitte fehlt. Das verändert die Stimmung.
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